Wie sehr mir der Kinderclub gefällt!

„Darf ich mir noch einen Teller Suppe nehmen?“, fragt der Junge.

„Das ist bereits die dritte Portion. Ich gieß dir ein wenig ein. Du isst so viel nicht auf“, antwortet der Pädagoge.

„Nein. Gießen Sie mir bitte mehr ein. Ich habe am Wochenende beinahe nichts gegessen. Brot darf ich so viel wie ich mag nehmen oder? Wie toll es hier einfach ist!“, sagt er fröhlich.

Andrey stammt aus einer gewöhnlichen Familie. Es gab nie einen Überfluss an Geld, eher spürte man den Mangel. Sein Vater arbeitete in einer Fabrik und seine Mutter, die keinen Schulabschluss hatte, kümmerte sich um den Haushalt und um die Erziehung der Kinder: Andrey und Katja.

Sie waren eine harmonische Familie.

Eine harmonische Familie bis zu dem Zeitpunkt, als Andreys Mutter zum dritten Mal schwanger wurde. Nicht für alle war dies eine erfreuliche Nachricht. Der Vater beschloss die Familie zu verlassen, weil ein drittes Kind für ihn eine zu große Last darstellte. Er fand schnell eine neue Frau.

 

Als ich im Flur der Wohnung stand, wurde mir sofort bewusst, auf Gäste ist hier niemand eingestellt. Die Familiensituation – unverblümt. In der Ganzen Wohnung stand der Geruch von Zigaretten, unter dem Tisch eine leere Flasche. Wie sich herausstellte trinkt die Mutter regelmäßig. Aus diesem Grund hat sie viele Probleme mit dem Sozialamt. Doch, Gott sei Dank, liebt sie ihre Kinder mehr als den Alkohol.

„Was machen Sie jetzt, damit man Ihnen ihre Kinder nicht wegnimmt?“

„Wie, was ich jetzt mache? Ich mache doch so Vieles. Ich habe beinahe das Trinken hingeworfen. Mit dem Rauchen will ich auch aufhören. Ich nehme mir mehr Zeit für meine Kinder. Und nachdem mein älterer Bruder die Leitungen im Haus durchgeschnitten und unserer ganzes Geld für Alkohol ausgegeben hatte, bin ich aus dem Haus ausgezogen. Ich habe eine neue Unterkunft gefunden, für die ich 3000 Rubel im Monat zahle.“, sagt die Frau.

Die Hälfte des Hauses, in der die Familie heute lebt, lässt sich nicht beheizen. Die Heizung befindet sich auf der anderen Seite der Wände, wo bereits andere Menschen wohnen. Die Kinder teilen sich ein Bett und die Mutter schläft auf einer sehr dünnen, tuchähnlichen Matratze. Es gibt nicht viele Möbel: ein Küchentisch, ein Hocker und ein alter Herd. Außer Kartoffeln gibt es keine anderen Lebensmittel. Diesen Abend dürfen sich die Kinder auf ein Festmahl freuen, denn es gibt Kartoffeln, ein Glas Wasser und ein kleines vertrocknetes Stückchen Brot, was geteilt werden muss. Ein Festmahl für die Kinder, weil die Kinder nicht selten mit leerem Magen ins Bett gehen müssen.

 

Lena, Andreys Mutter, öffnete sich mir bei einem unserer üblichen Gespräche und erzählte, wie schwer sie es hat:

„Ich habe keine vernünftige Unterkunft, kein Geld und auch keine Bildung. Dafür habe ich aber viele Schulden. Ein Teufelskreis. Das schlimmste ist, wenn die Kinder nach Essen fragen doch ich habe nichts, was ich ihnen geben könnte. Ich bemühe mich ihnen zu erklären, wieso es nichts zu essen gibt, wieso wir uns nichts „Leckeres“ leisten können. Doch jedes Mal bleiben mir die Worte aus… ich habe es ihnen nicht gesagt, ihnen nicht erklärt, es ist mir peinlich. Obwohl ich es ihnen sagen will…“

Andrey erinnert sich häufig daran, wie er eines Tages auf seinem Heimweg von der Schule eine Frau bemerkte, die Plastik- und Glasflaschen einsammelte. Als die Frau sich mit dem Gesicht zu ihm drehte, erkannte Andrey seine Mutter. Er erzählte uns, dass es ihm in dem Moment sehr peinlich war. Er schämte sich für seine Mutter, für sich und für seine Hilflosigkeit.

„Ich bin schon zehn Jahre alt. Ich bin erwachsen. Man kann sagen, dass ich bereits arbeite. Die Nachbarn bitten darum, dass man ihnen Wasser bringt, für sie die Sauna einheizt, für sie den Schnee schiebt oder ihnen im Garten hilft. Ich mache das und sie bezahlen mich dafür. Doch selten mit Geld, meistens geben sie mir Lebensmittel.“

Anfang des neuen Jahres besuchten die Kinder des Kinderclubs ein Theater. Für die Kinder war es das erste Mal. Nach dem Stück bekamen sie süße Geschenke. Der Freude waren keine Grenzen gesetzt!

„Endlich ist neues Jahr. Zu Hause wird das nicht groß gefeiert. Dieses Jahr sind wir um Zehn Uhr schlafen gegangen. Es gibt kein Geld, wie ist da an eine Feier zu denken. Aber jetzt bin ich sehr glücklich! Danke euch! Danke für alles!“, sagt uns Andrey mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Er umarmt uns fest.

In solchen Momenten wird einem ganz warm ums Herz. Aus einem Kind, welches sich selbst als kleiner Erwachsener bezeichnet und mit seinen jungen Jahren bereits an die schwere Arbeit gewöhnt ist, wird wieder ein Kind! So sehr möchten wir Andrey und den anderen Kinder das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit schenken.

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